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Erfolgskonzept
Ein Näschen für Potenziale
Ob als Immobilienentwickler, Hotelbetreiber oder Veranstalter: Die Fibona GmbH denkt weit über die Wiesbadener Heimat hinaus – und energetisch weit nach vorne. Nachhaltige Lösungen genießen in dem Familienunternehmen Priorität.
Das beschauliche Tuttlingen im Süden Baden-Württembergs ist ein Ort, der im Amtsdeutsch eine „kleine Mittelstadt“ ist. Rund 35.000 Einwohner leben dort an der idyllischen Donau, es gibt zwei Gymnasien und einen Kinopalast mit fünf Sälen. Fünf Gehminuten von diesem Kino entfernt steht ein Gebäude, das man in einer Stadt dieser Größe nicht erwarten würde: Das Légère-Hotel ist Teil einer Hotelkette, ein hochmodernes Haus mit 114 Zimmern, Konferenzräumen, Lounge und Bar. Zwei Straßen weiter steht mit dem Légère Express ein weiteres, günstigeres Hotel der gleichen Gruppe. Andere Kettenhotels: Fehlanzeige.
„Wir glauben, dass wir besonders stark in der Standorteinschätzung sind“, sagt Sven Köllmann (Foto oben), wenn man ihn fragt, warum er gleich zwei Häuser in dieser kleinen Stadt betreibt, die für andere Hotelmarken offenbar uninteressant ist. Köllmann ist Geschäftsführer der Fibona GmbH, zu der die Légère-Hotels gehören – und die im mehr als 300 Kilometer entfernten Wiesbaden sitzt. Ausschlaggebend für die ungewöhnliche Standortentscheidung waren die vielen Medizintechnikfirmen, die in und um Tuttlingen angesiedelt sind – und offenbar einen großen Bedarf an Übernachtungs- und Tagungsmöglichkeiten hervorbringen.
Anders als viele andere Mittelständler beschränkt das Familienunternehmen seine geschäftlichen Aktivitäten bewusst nicht auf die Heimatregion. „Das wäre auf dem hart umkämpften Immobilienmarkt der Rhein-Main-Region nicht vernünftig“, sagt Köllmann, dessen Unternehmen nicht nur geografisch gesehen breit aufgestellt ist. Die Fibona GmbH betreibt nicht nur Hotels. Sie entwickelt auch Wohnimmobilien und Medizinzentren, richtet Tagungen und Events aus und entwickelt sogar Grundstoffe für gesundheitsfördernde Nahrungsergänzungsmittel. Zurzeit prüft das Unternehmen zudem die Beteiligung an einem nachhaltigen Tiny-House-Start-up.
Dabei sein ist alles
Als Eventspezialist hat Fibona schnell auf das veränderte Tagungsverhalten während der Coronapandemie reagiert. In den Légère-Hotels sind dank moderner Technik sogenannte hybride Veranstaltungen möglich. Hybrid heißt: physische Präsenz und virtuelle Teilnahme werden kombiniert. Wer nicht vor Ort dabei ist, verfolgt die Veranstaltung am Bildschirm übers Internet mit. Die Online-Gäste können auch, je nach Kundenwunsch, in Bild und Ton mitkommunizieren. So, als wären sie live vor Ort. Mehr Infos auf legere-hotelgroup.com
Die größte Sichtbarkeit haben freilich die insgesamt sieben Hotels der Marken Légère und Légère Express, die das Unternehmen in unterschiedlichen Regionen Deutschlands sowie in Luxemburg betreibt, ein weiteres in Erfurt mit 150 Zimmern befindet sich gerade im Bau. Das Näschen für Standorte mit Potenzial, das Fibona in Tuttlingen und mit anderen Objekten bewiesen hat, liegt quasi in der DNA der Familie: Das Unternehmen wurde 1982 von Svens Vater Jürg E. Köllmann gegründet, der zu diesem Zeitpunkt einer der bekanntesten und größten Projektentwickler Deutschlands war. Die neue Firma sollte eine Nummer kleiner sein, wuchs aber schnell.
Die großen Fußstapfen des im Februar 2021 verstorbenen Vaters füllt Sven Köllmann heute mit Unterstützung mehrerer Familienmitglieder aus – unter anderem seiner Schwester, seinem Bruder und seinem Neffen. Und auch unabhängig von Verwandtschaft spielt das Familiäre unter den rund 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine wichtige Rolle. „Bei uns muss niemand ein Blatt vor den Mund nehmen“, betont Köllmann, für den sich ein Familienunternehmen vor allem durch Vertrauen und Effizienz auszeichnet – und Zusammenhalt: „Wenn jemand in Problemen steckt, versuchen wir immer, schnell zu helfen.“
„Wir wollen komplett auf Ökostrom und nachhaltiges Gas umsteigen.“
Sven Köllmann, Geschäftsführer der Fibona GmbH
Auch vor diesem Hintergrund ist der Betriebswirt froh, dass das Unternehmen bislang ohne betriebsbedingte Kündigungen durch die Coronapandemie gekommen ist. Die Hotels setzten zügig ein Hygienekonzept um und holten den Verkauf schnell zurück aus der Kurzarbeit, um den Kontakt zu den Geschäftskunden aufrechtzuerhalten. Die Zeit der Lockdowns nutzte das Unternehmen unter anderem, um die Digitalisierung voranzutreiben. Das betraf nicht nur interne Prozesse wie die Inventarisierung und das Rechnungswesen, sondern auch das für die Firma wichtige Tagungsgeschäft: „In all unseren Häusern sind nun Hybridevents möglich, an denen Menschen sowohl vor Ort als auch virtuell teilnehmen können“, sagt Köllmann, der allerdings ein starkes Comeback der physischen Präsenz erwartet: „Geschäftsreisen sind für die meisten Menschen ein Incentive – ein reizvoller Bestandteil ihres Berufs.“
Ebenso wichtig wie innovative Technologien sind dem Unternehmenschef nachhaltige Lösungen und Angebote. Bei der Entwicklung von Wohnimmobilien will Fibona künftig auf höchste Effizienzhaus-Standards setzen, bei den Hotels auf grüne Zertifizierungen. Alle Hotels in Deutschland werden von der Süwag mit Strom und Erdgas beliefert. Und neben den dort geplanten E-Ladesäulen hält Köllmann vor allem gezieltes Energiemonitoring für wichtig. „Damit verfolgen und vergleichen wir all unsere Verbräuche, um sie zu optimieren“, erklärt er. Die weiteren Schritte zur Energiewende seines Unternehmens hat er bereits fest im Blick: „Wir werden wahrscheinlich komplett auf Ökostrom und nachhaltiges Gas umsteigen.“
Auch die Kunden des Familienunternehmens können bald aktiv dazu beitragen, das Klima zu schützen. Zu dem für Events und Tagungen genutzten Hofgut Mappen im Rheingau gehören 300 Hektar Wald, von denen zuletzt 90 Hektar der Trockenheit und dem Borkenkäfer zum Opfer fielen. „Natürlich wollen und müssen wir diese Fläche wieder aufforsten“, sagt Köllmann, „dafür gibt es auch öffentliche Fördermittel.“ Aber zusätzlich arbeitet er an einer Kampagne, in deren Rahmen Übernachtungsgäste einen Baum stiften können und im Gegenzug ein Zertifikat erhalten. Damit beweist der Fibona-Chef, dass er nicht nur ein Näschen für Standorte hat – sondern auch für zeitgemäßes, umweltfreundliches Marketing.
fotos: Wolfram Scheible
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